Ein Spiel mit den Rohstoffen?

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Ein Spiel mit den Rohstoffen?

Metall Rittens Geschäftsführer Lorenz Kröss über horrende Preise, einen unerwarteten Bauboom und den Blick in eine stabilere Zukunft

Corona und der Wirtschaftslockdown 2020 haben tiefe Risse in die Welt der Unternehmen gebracht und die Preise ordentlich nach oben schnellen lassen – auch jene der Metalle! Lorenz Kröss, Geschäftsführer von Metall Ritten, spricht im Interview über hohe Rohstoffpreise, die aktuellen Herausforderungen als Handwerksbetrieb und seine persönlichen Prognosen für die Zukunft!

Welche Gründe gibt es für die Preisexplosion der Rohstoffe und die langen Wartezeiten?

Lorenz Kröss: Nun, da gibt es verschiedene Thesen. Eine naheliegende ist natürlich die Coronakrise und der erste Lockdown, bei dem weltweit die gesamte Wirtschaft auf Null runtergefahren wurde. Die Produktion wurde damals komplett gestoppt und die rasche Verfügbarkeit war danach natürlich nicht mehr gewährleistet – und ist es zum Teil noch immer nicht. Die Produktion läuft jetzt zwar wieder auf Hochtouren, aber bis wieder alle gesättigt sind, dauert es einfach.
Das betrifft auch und gerade unseren Rohstoff, das Metall – viele Öfen großer Firmen wurden stillgelegt, weil kein Bedarf mehr da war. Man munkelt ja, ob das zum Teil nicht auch gewollt bzw. gesteuert war. Denn: Wenn wenig Rohstoffe auf dem Markt sind, können die Preise natürlich dementsprechend nach oben gefahren werden. 
Wir sind relativ unbeschadet aus dem ersten Lockdown rausgekommen – zwar nicht ganz ohne Schmerzen – aber wir hatten damals das Glück, bereits das meiste Material laufender Projekte eingekauft zu haben.

Wie sieht es mit Metall denn aktuell aus?

Lorenz Kröss: Nun, wir arbeiten ja mit sehr vielen verschiedenen Metallen. Momentan haben wir Schwierigkeiten, einen ganz speziellen, rostfreien Stahl zu bekommen – dafür müssen wir uns in ganz Europa umschauen. Wenn wir ihn nirgends bekommen, müssen wir uns nach Alternativen umschauen. 
Auch bei Edelmetallen, Kupfer, Messing usw. gibt es natürlich das Problem der hohen Kosten – bei diesen ohnehin schon teuren Rohstoffen reißt der aktuelle Preis natürlich ganz extreme Klüfte auf. Aber auch normale Stahlbleche kosten aktuell über das doppelte. 

Welche Rohstoffe sind noch betroffen?

Lorenz Kröss: Kunststoffe zum Beispiel – und von denen brauchen wir ja auch so einige: Dichtungen, Silikone in den verschiedensten Farben und dergleichen. Bei den Silikonen sind zum Teil nicht mehr alle Farben verfügbar, weil laut Hersteller bestimmte Farbpigmente aktuell nicht hergestellt werden.
Zudem sind auch andere Dinge teurer geworden: Strom beispielsweise kostet gerade doppelt so viel wie vor einem Jahr. Für die Aluminiumherstellung wird sehr viel Strom benötigt – das wirkt sich auf die Herstellungskosten aus und somit auch auf den Preis, logischerweise.

Wie erlebt ihr das als Unternehmen und Dienstleister? Wie beeinflusst es eure Arbeit und Zusammenarbeiten?

Lorenz Kröss: Aktuell heißt es von allen Seiten: Es geht nicht um den Preis, sondern um die Verfügbarkeit – also müssen wir schauen, dass wir das Material überhaupt von irgendwo her bekommen. Zudem müssen wir die Lieferzeiten beachten, die haben sich ja um einiges verlängert. Wir können nicht mehr ganz so flexibel arbeiten, wie wir es bisher gewohnt waren und es gerne immer noch würden – aber wir können unseren Kunden natürlich keine falschen Versprechungen machen. Das Verständnis ist da jedoch relativ hoch, weil es momentan allen gleich ergeht.
Große Lieferprobleme  gibt es derzeit bei den Pulverbeschichtungen und wir warten zum Teil wochenlang darauf – und das obwohl wir mehrere potentielle Lieferanten hätten. Die haben eben alle das vorhin angesprochene Problem mit den fehlenden Farbpigmenten.

Wie groß sind die Preisunterschiede denn nun tatsächlich? Wie geht ihr damit um?

Lorenz Kröss: 2009 hatten wir schon mal eine ähnliche Situation. Jetzt sind die Metallpreise aber tatsächlich nochmal höher als damals: Die sind über 100 %, also über das Doppelte gestiegen. Weil die Preise aktuell einfach noch zu instabil sind, haben wir inzwischen die Angebotsgültigkeit reduziert. Ich glaube aber, dass sich die Situation bald wieder einpendelt und sich die Preise wieder vernünftig stabilisieren werden. Dieser Bauboom kann ja nicht ewig so weitergehen.

Hast du das Gefühl, dass die Nachfrage wegen der hohen Preise weniger geworden ist?

Lorenz Kröss: Die Nachfrage ist auf keinen Fall weniger geworden, ganz im Gegenteil – zumindest in unserem Sektor. Handwerker sind momentan bis obenhin mit Aufträgen eingedeckt.
Die derzeitige 110 % staatliche Steuerförderung hierzulande sind sicher ein Grund dafür, aber auch im Ausland, z. B. in Deutschland, wird extrem viel gebaut! Meistens werden Investitionsprojekte gebaut, hochpreisige Bürokomplexe. Die Leute wollen alle investieren und das Geld nicht auf der Bank liegen haben. Das ist bei uns genauso. 
Außerdem hat das Land Südtirol sehr viele öffentliche Projekte, die schon lange in der Schublade lagen, umgesetzt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Wir haben jedenfalls für das neue Jahr schon sehr viele Projekte in Planung, gerade eben auch viele öffentliche Bauten. 

Wie bereitet ihr euch auf die (ungewisse) Zukunft vor?

Lorenz Kröss: Wir machen so weiter wie bisher und achten darauf, moderat zu wachsen – auch wenn wir vom Arbeitspensum her momentan viele neue Mitarbeiter anstellen könnten. Das tun wir aber nur geringfügig, auch weil es schwierig ist qualifiziertes Personal zu finden. Wenn die Nachfrage dann nämlich wieder geringer wird – und das wird sie, wenn dieser Boom erstmal vorbei ist – reicht unser Team wieder völlig aus. Zwischenzeitlich lassen wir uns von einigen externen Monteuren unter die Arme greifen, die aber immer unter Aufsicht von unseren eigenen Monteuren arbeiten. So gewährleisten wir die gewohnte Metall-Ritten-Qualität. Denn die soll unter dieser Ausnahmesituation natürlich nicht leiden.